Bei den Europawahlen am 25. Mai 2014 wurde die konservative Europäische Volkspartei (EVP) trotz deutlicher Verluste stärkste Kraft. Die EVP, zu der auch CDU und CSU gehören, kommt auf 214 Sitze. Die Sozialdemokraten verlieren ebenfalls und werden als zweitgrößte Fraktion 189 Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Die Liberalen werden als drittstärkste Fraktion mit 65 Abgeordneten vertreten sein. Europaskeptische Parteien sind in vielen Ländern auf dem Vormarsch. Doch wie stimmten Teltow und seine Partnerstädte in Deutschland, Frankreich und Polen ab? Ein Überblick.
Teltow (Brandenburg)
Was den Vergleich mit den Europawahlen von vor fünf Jahren angeht, liegen die Teltower Ergebnisse mehr oder weniger im Bundestrend. Die SPD konnte sich von 25,6 % im Jahr 2009 auf 30,4 % deutlich verbessern und bleibt damit klar stärkste Partei in Teltow. Auf Rang zwei folgt die CDU mit 23,7 %, was eine leichte Verbesserung bedeutet. Größte Wahlsiegerin ist aber die AfD. Sie bekam aus dem Stand 9,0 % der Teltower Stimmen, was noch einmal deutlich mehr ist als der Bundesdurchschnitt.
Klare Verliererin ist wie überall in Deutschland die FDP. Sie stürzte von 10,8 % im Jahr 2009 auf nur noch 2,8 % ab. Ebenfalls auf der Verliererseite steht in Teltow die Linke. Obwohl sie in Gesamtdeutschland ihr Ergebnis von vor fünf Jahren verteidigen konnte, büßte sie in Teltow 4,9 % der Stimmen ein und kommt jetzt nur noch auf 12,9 %. Das entspricht dem landesweiten Trend in Brandenburg, wo die Linke 2009 noch stärkste Kraft geworden war und sich nun mit Platz drei zufriedengeben muss. Auch die Grünen mussten Verluste von knapp zwei Prozent hinnehmen, bleiben aber mit 11,3 % zweistellig.
Piraten, Familienpartei und Tierschutzpartei, die alle je einen Abgeordneten nach Brüssel entsenden, konnten mit um die zwei Prozent überdurchschnittliche Ergebnisse erreichen. Für die NPD stimmten in Teltow 1,1 % der Wähler.
Die Wahlbeteiligung stieg aufgrund der gleichzeitig durchgeführten Kommunalwahl von 30,2 % im Jahr 2009 auf 48,8 %.
Ahlen (Nordrhein-Westfalen)
Auch in Ahlen wurde die SPD stärkste Kraft, obgleich nur mit einem relativ kleinen Vorsprung vor der CDU. Dies steht im Kontrast zu den Gesamtergebnissen im Kreis Warendorf, zu dem Ahlen gehört. Dort lag die CDU mit 44,3 % ganze 14 % vor der SPD.
Auffällig ist, dass die beiden großen Parteien CDU und SPD in Ahlen deutlich besser abschnitten, als im Bundesdurchschnitt, was sich zwangsläufig in den Ergebnissen der kleinen Parteien widerspiegelt. Die Grünen konnten in unserer westfälischen Partnerstadt mit 5,8 % nur rund halb so viele Wähler von sich überzeugen, wie im Kreis-, Landes- und Bundesdurchschnitt. Ähnlich wie in Teltow erzielte die FDP mit 2,9 % ein schwaches Ergebnis. Die Linke blieb mit 3,9 % stabil.
Die AfD wird in Ahlen mit 4,6 % vierstärkste Kraft, bleibt aber deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Ähnliches lässt sich in ganz Nordrhein-Westfalen beobachten.
Die Kleinstparteien erhielten in Ahlen weniger Zuspruch als in Teltow. Die Wahlbeteiligung war unter den vier Partnerstädten mit 50,3 % am höchsten.
Gonfreville l’Orcher (Frankreich)
Als Frankreich im Jahre 2005 das Referendum über die Verfassung für die Europäische Union (Maastricht-Vertrag) abhielt, wurde Gonfreville besonders viel Aufmerksamkeit zuteil. Unter allen französischen Städten gab es keine, die den Verfassungsvertrag so entschieden ablehnte wie unsere normannische Partnerstadt. 87,6 % der Wähler stimmten damals mit „Nein“.
Auch bei der Europawahl am 25. Mai 2014 wurde diese große Unzufriedenheit mit der Europäischen Union deutlich. Die Nationale Front (Front National, FN), die landesweit ein Viertel der Stimmen holte und damit erstmals stärkste Kraft wurde, schaffte es in Gonfreville sogar auf ganze 31,5 %. Ein historischer Wahlsieg für die Rechtsextremen unter der Führung von Marine Le Pen, die jetzt mit 24 Abgeordneten in das Europaparlament einziehen.
Dennoch belegen sie in Gonfreville nur Platz 2. Die ebenfalls europakritische Linksfront (Front de Gauche, FDG) konnte 36,6 % der Stimmen auf sich vereinigen, sechs mal soviele wie im landesweiten Durchschnitt. Bei der FDG handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Parteien, darunter die in Gonfreville traditionell sehr starke Kommunistische Partei Frankreichs (Parti Communiste Français, PCF), der auch Bürgermeister Jean-Paul Lecoq angehört.
Die enttäuschenden Ergebnisse für die beiden „großen“ Parteien des Landes, die Sozialistische Partei (Parti Socialiste, PS) von Präsident François Hollande und die Union für eine Volksbewegung (Union pour un Mouvement Populaire, UMP) von dessen Vorgänger Nicolas Sarkozy spiegeln sich besonders deutlich in unserer Partnerstadt wieder. Dort kam die PS auf gerade einmal 7,8 % und die UMP sogar nur auf 5,6 %.
Im Vergleich zu den Europawahlen von vor fünf Jahren musste Europa Ökologie – die Grünen (Europe Écologie – les Verts, EELV) Verluste hinnehmen und das zentristisch-liberale Bündnis Union der Demokraten und Unabhängigen – Demokratische Bewegung (Union des Démocrates et Indépendants – Mouvement Démocrate, UDI-MoDem) konnte etwas hinzugewinnen.
Sagan (Polen)
Vor kurzem haben die Polen einen proeuropäischen Rekord aufgestellt: 89 Prozent zeigten sich in einer Meinungsumfrage zufrieden darüber, dass das Land Mitglied der EU ist. Umso erstaunlicher ist die mit nur 22,7 % europaweit viertschlechteste Wahlbeteiligung. In Sagan lag sie sogar noch darunter.
Dort konnte die liberal-konservative Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO) von Ministerpräsident Donald Tusk mit ihren 39,6 % einen klaren Wahlsieg verbuchen. Zwei weitere Parteien aus dem konservativen Spektrum, der Kongress der Neuen Rechten (Kongres Nowej Prawicy, NP) und die Polnische Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL) schneiden dafür etwas schlechter ab als im Landesdurchschnitt. Trotzdem schaffen sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde und werden somit im EU-Parlament vertreten sein.
Die Sozialdemokratie hat in Polen einen schweren Stand. Nur 9,5 % landesweit konnte die Listenverbindung aus dem Bund der Demokratischen Linken (Sojus Lewicy Demokraticznej, SLD) und der Arbeitsunion (Unia Pracy, UP) auf sich vereinigen. In Sagan lag ihr Ergebnis mit 17,1 % fast doppelt so hoch.
Es lässt sich also eine deutliche Mehrheit für die europafreundlichen Parteien feststellen. Die nationalkonservative und europaskeptische Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) des Ex-Ministerpräsidenten Jarosław Kaczyński, die landesweit knapp stärkste Partei wurde, erreichte in Sagan nur 24,1 %.
Die erst 2013 gegründete proeuropäische Europa Plus – Deine Bewegung (Europa Plus – Twój Ruch, E+TR) verpasste den Einzug ins Europaparlament. Die Grüne Partei (Partia Zieloni, PZ) spielt in Polen keine Rolle.